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So, wie es derzeit ausschaut, wird es für das traditionelle Dorfwirtshaus ziemlich eng. Aufgrund überbordender Bürokratie, fehlender Nachfolger oder sinkender Gewinnspannen hat so mancher Betrieb bereits das Handtuch geworfen. Gemäß einer Studie von Prof. Friedrich Schneider von der Kepler Universität Linz ist diese Entwicklung auch mit dem Österreichischen Vereinswesen verknüpft, was insbesondere der Wirtschaftskammer sauer aufstößt.
Laut Mario Pulker, dem Obmann des Fachverbandes Gastronomie, seien aber nicht gemeinnützige Organisaitonen Gegenstand der Kritik, sondern vielmehr die „Spaßvereine, die vordergründig zur Förderung der Jugendkultur gegründet werden, in der Praxis aber nur das Ziel haben, die für die gewerbliche Gastronomie geltenden strengen gesetzlichen Bestimmungen und Auflagen zu umgehen“. Es stehe völlig außer Frage, dass gemeinnützige Vereine wichtige Arbeit für Österreich leisten, so der Gastronomie-Sprecher, bei politischen Parteien und Party-Vereinen höre sich das Verständnis aber auf.
Immerhin muss ein gewerblicher Gastronomiebetrieb unter anderem das Betriebsanlagenrecht, die Allergenkennzeichnung, das Tabakgesetz, die Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht einhalten sowie hygiene-, lebensmittel-, abfall-, steuer- und sozialversicherungsrechtliche Vorschriften befolgen. Ein Großteil dieser Punkte fällt bei Vereinen gar nicht erst an, auch jene nicht, die zum Schutz des Gastes gedacht sind – und das ist rechtlich abgedeckt. Kontrollen finden praktisch nicht statt. Aus steuerrechtlicher Sicht verhält es sich ähnlich, genießt doch die als „kleines Vereinsfest“ deklarierte Veranstaltung zahlreiche Privilegien, von denen ein Gastronomiebetrieb nur träumen kann. Überdies ist es nach der derzeitigen Rechtslage für einen Gastronomen gar nicht möglich, bei derartigen Events das Catering zu übernehmen, ohne dass für diesen die abgabenrechtliche Begünstigung verloren geht. Also welchen Grund soll eine bevorteilte Körperschaft noch haben, mit einem örtlichen Wirtshaus zusammenzuarbeiten? Keine! Und genau aus diesem Grund muss sich im Sinne der Fairness etwas ändern. In weiterer Folge hat ja schließlich auch der Staat etwas davon. Seit der Gewerberechtsnovelle 1998, als der Gesetzgeber gemeinnützige Vereine mit sehr großzügigen Privilegien ausgestattet hat, ist die Anzahl der Vereine laut Wirtschaftskammer um 16 Prozent angestiegen, während die Zahl der Wirte um neun Prozent zurückging. Allein in den im Rahmen der Studie untersuchten fünf Bundesländern Niederösterreich, Oberösterreich, Kärnten, Burgenland und Steiermark werden bis zu 900 Millionen Euro Umsatz durch Vereinsfeste und sonstige Konsumation in Vereinshäusern erzielt. Das entspreche in etwa der Hälfte des Umsatzes der Dorfgastronomie, wodurch dem Staat Steuereinnahmen in der Höhe von ca. 130 Millionen Euro pro Jahr entgingen, rechnet Pulker vor.
Ihr Karl Schilling Chefredakteur
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